
Ingwer im Faktencheck: Was er kann – was er nicht kann
Ingwer soll bei Erkältung, Magenschmerzen, Übelkeit, Diabetes, Kopfweh und Krebs helfen. Die Wurzel im Faktencheck.
Mehr lesenGermanen verehrten die Mistel zur Sommersonnenwende als Glücksbringer, uns dient sie heute in der Weihnachtszeit als bezaubernde Dekoration. Doch auch in der Medizin hat die Mistel einen Stellenwert – oder ist das auch nur ein Märchen? Wir machen den Faktencheck!
Der Kuss unter dem Mistelzweig – wer kennt ihn nicht. Doch wir sollten der Mistel nicht nur in der Weihnachtszeit Aufmerksamkeit schenken. So nutzte der griechische Arzt Hippokrates schon in vorchristlicher Zeit die Mistel als Heilpflanze: Er empfahl sie gegen die „Milzsucht“, die damalige Bezeichnung für eine seelische Verstimmung, die wir heute als Depression bezeichnen.
Die Kräuterkundigen des Mittelalters verwendeten die Pflanze zur Behandlung der Fallsucht – eine alte Bezeichnung für Epilepsie. Die damalige Erklärung: Auch die Mistel ist eine Pflanze, die nie vom Baum zu Boden fällt.
Heute wissen wir von ihrer positiven Wirkung auf Herz und Kreislauf. Auch gegen Krebs wird die Mistel in der anthroposophischen und homöopathischen Medizin gern eingesetzt. Was aber kann die immergrüne Mistel wirklich und wo ist Vorsicht geboten? Ein Faktencheck bringt Licht ins Dunkel.
In den 1920er Jahren meinte der bekannte Anthroposoph Rudolf Steiner, eine Ähnlichkeit zwischen einem kugelartigen Mistelbusch und einem Krebsgeschwür zu erkennen:1,2,3 Seine Gedanken zur Ähnlichkeit lassen sich möglicherweise so erklären: Wenn die klebrigen Samen der Mistel mit dem Vogeldung auf Ästen landen und zu keimen beginnen, bohrt der Keimling seine Wurzeln in den Wirtsbaum und ernährt sich fortan von dessen Wasser und Nährstoffen. Die eigene Photosynthese spielt - anders als bei anderen Pflanzen - nur eine Nebenrolle. Als "Halbschmarotzer" kann das Mistelgewächs einen Durchmesser von bis zu einem Meter annehmen. Auch bösartige Krebszellen bilden zunächst oft einen nestförmigen Zellhaufen und der entstandene Tumor wächst dann meistens invasiv, dringt also in andere Organe ein oder nutzt die Funktionen gesunder Zellen für seine Ausbreitung.
Diese Analogie war Ausgangspunkt für die Erforschung der Misteltherapie in der Onkologie.
Gegenwärtig gehört die weißbeerige Europäische Mistel – wissenschaftlich auch Viscum album genannt - in der Krebsbehandlung zu den pflanzlichen Arzneimitteln. In experimentellen und einigen klinischen Studien3,4,5,6 konnte tatsächlich ein Anti-Tumor-Effekt nachgewiesen werden. Dieser ist meist auf bestimmte Inhaltsstoffe der Heilpflanze Mistel zurückzuführen: sogenannte Lektine und Viscotoxine. Doch trotz dieser zytotoxischen Wirkung auf Krebszellen ist die alleinige Anwendung von Mistelpräparaten gegen bösartige Tumore im klinischen Alltag heftig umstritten. Der Nutzen werde weit überschätzt, so die These.
Weitgehende Einigkeit besteht allerdings über die möglichen Vorteile einer supportiven, also unterstützenden Misteltherapie: In Ergänzung zur klassischen Krebstherapie kann die Mistel dazu beitragen, die Nebenwirkungen von Chemotherapie und Bestrahlung besser zu bewältigen und die Lebensqualität von Krebspatient:innen zu steigern.
Wichtig zu wissen: Die Einnahme von Präparaten aus Mistelanteilen kann sich aber auch nachteilig auf manche Krebsarten auswirken! Daher sollte vorab stets das Gespräch mit dem behandelnden Arzt erfolgen.
Auch bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems soll die Mistel mit ihrer Heilwirkung gegen Bluthochdruck und Arteriosklerose zum Einsatz kommen. Seitens der Forschung6,7 gibt es durchaus auch einige belastbare Hinweise darauf, dass die Mistel einen blutdrucksenkenden Effekt haben und sich sogar positiv auf erhöhte Blutfettwerte - einer häufigen Ursache für spätere Gefäßverkalkungen - auswirken könnte. Eine derart doppelte Wirkung wäre natürlich wünschenswert, doch bislang ist die wissenschaftliche Datenlage leider noch zu schwach für eine definitive Empfehlung.
Historisch wurde die Mistel mit ihrer heilenden Wirkung bei "Milzsucht" verwendet. Hinter diesem Krankheitsbild verbergen sich Symptome, die die moderne Medizin als "psychotische Beschwerden" bezeichnen würde. Auch die "Fallsucht" ist heute als Epilepsie bekannt. Diesen Erkrankungen liegt oftmals eine Störung im Hirnstoffwechsel zugrunde. In Tiermodellen konnte dabei gezeigt werden, dass Wirkstoffe der Mistel offensichtlich dazu führen, dass eine Überaktivität des Gehirns gedämpft und so die Symptomatik gebessert werden kann. Diese ersten Erkenntnisse aus Laborexperimenten lassen sich jedoch nicht ohne Weiteres auf den Menschen übertragen.
Keltische Druiden nutzen die Mistel als Zutat für den Zaubertrank, der unbesiegbar und immun gegen Gifte machen sollte. Doch heute weiß man: Alle Teile der Mistel - bis auf die Beeren - sind giftig. Der Verzehr von Stängel oder Blättern kann besonders bei kleinen Kindern, die die faszinierende Weihnachtsdekoration schnell auch in den Mund stecken und verschlucken können, zu ernsthaften Gesundheitsschäden führen: Es kann zu Bauchschmerzen, Kreislaufbeschwerden oder allergischen Reaktionen kommen. Dann sollte dringend ein Arzt aufgesucht werden. Werden nur die Beeren "vernascht" genügt meist, ausreichend zu trinken.
Gegen eine Tasse Misteltee ist jedoch nichts einzuwenden. Ganz im Gegenteil: Das Heißgetränk aus der getrockneten Mistel ist sowohl bei innerlicher als auch äußerlicher Anwendung wohltuend, kann als beruhigender Heiltrunk oder als Wickel bei Schmerzen wirken. Und wenn Sie die Mistelzweige für den Tee selber ernten möchten: Lassen Sie sich dabei den Kuss Ihres Liebsten nicht entgehen.