Johanniskraut im Faktencheck: Was es kann - was es nicht kann

Johanniskraut ist als Heilpflanze beliebt, aber nicht jeder ist umfassend über die Wirkung informiert und es ist viel Halbwissen im Umlauf.


"Die Pflanze hilft doch gegen alle Arten von Depressionen, oder?"
"Ich habe abends oft nervöse Beine, aber mit Johanniskraut schlaf ich gut ein."
"Ich behandle Schürfwunden meiner Kinder am liebsten mit Johanniskrautöl."

Diese und ähnliche Aussagen haben Sie vielleicht selbst schon mal gehört. Was davon stimmt und was nicht? Wir wollen mit diesem Artikel Licht ins Dunkel bringen.

Fest steht, Johanniskraut ist eine Pflanze, die schon seit Jahrhunderten in der Medizin angewendet wird. Die Menschen nutzten die in Europa heimische Pflanze zunächst für die Wundheilung und erkannten erst im Mittelalter, dass sie auch das Gemüt aufhellen kann. Die Heilkraft des Krauts, die früher auf Erfahrung basierte, konnte in der Gegenwart durch Doppelblindstudien bestätig werden: Extrakte aus Johanniskraut haben eine antidepressive Wirkung und werden bei leichten Depressionen, nervöser Unruhe und psychischer Erschöpfung eingesetzt.1 Wichtig hierbei ist die Darreichungsform: In den Studien wurde den Teilnehmern nicht Johanniskrautöl, Tee oder eine Tinktur verabreicht, sondern Präparate aus Johanniskraut-Extrakt in ausreichend hoher Dosierung, die es in der Apotheke zu kaufen gibt. 
 

Ein Tee zur Beruhigung 

Doch wie steht es um die Wirkung des Krauts in seiner ursprünglichen Form, wie etwa als Tee? Die Griechen und Römer verwendeten Johanniskaut als Arzneipflanze und werden die Heilkraft, auch ganz ohne Präparate aus der Apotheke, gekannt haben. Seine Wirkung als ausgleichend und entspannend hat sich damals bewährt und wurde über Jahrhunderte hinweg in die heutige Zeit überliefert.

Ein Tee aus den geschnittenen und getrockneten Triebspitzen, die zur Blütezeit geerntet werden, hilft bei nervöser Unruhe und Schlafstörungen. Die mittelalterliche Botanik-Koryphäe Leonhart Fuchs beschrieb das Johanniskraut demnach so: „dass es alle Gespenster vertreiben soll“2. Und genau diese Gespenster und auch Gedanken, die ewig kreisen, sind es doch auch, die uns daran hindern, geruhsam in den Schlaf zu finden. Der Arzneitee unterstützt den Körper dabei, überreizte Nerven zu beruhigen, nervöse Hände und Füße zu besänftigen und das Gedankenkarussell anzuhalten.

Bewegung am Tag

Eine Tasse des frisch bereiteten Tees sollte, soweit nicht anders verordnet, regelmäßig morgens und abends getrunken werden. Die beruhigende Wirkung des Krauts können wir zusätzlich unterstützen, indem wir nicht erst abends im Bett beschließen, zur Ruhe zu kommen. Bewegung tagsüber, wie ein Waldspaziergang oder eine Yoga-Session, helfen gegen Schlafstörungen, denn auch sportliche Aktivität verscheucht innere Unruhe.

Wie wirksam ist das Öl aus Johanniskraut?

Johanniskrautöl wird aus den frischen, gelben Blüten des Johanniskrauts gewonnen. Die dunklen Punkte auf den Blüten enthalten das Pigment Hypericin. Zerreibt man die Knospen zwischen den Fingern tritt das Pigment aus und färbt den Finger braun-rötlich.3 Deshalb bekam Johanniskraut auch den volkstümlichen Namen „Blutkraut“. Johanniskrautöl wird vorwiegend in der Volksmedizin äußerlich verwendet zum Beispiel bei Narben, leichten Verbrennungen und Wunden. 

Einsatz bei der Wundbehandlung

Die Versorgung von Wunden mit pflanzlichen Mitteln wird heute auch wissenschaftlich untersucht. Dazu forscht etwa Karin Kraft von der Universität Rostock. Sie ist Professorin für Naturheilkunde mit dem Forschungsschwerpunkt Phytotherapie - also der Verwendung von Heilpflanzen als Arzneimittel. In einem Beitrag4 zum Thema Behandlung von Wunden schreibt sie: "Die Wundbehandlung ist eine Domäne der Phytotherapie." Als unterstützende Behandlung "oder bei oberflächlichen Wunden auch als alleinige Therapie eingesetzt, lassen sich mit ihrer Hilfe beachtliche Erfolge erzielen". 

Johanniskrautöl beschreibt Prof. Kraft als entzündungshemmend und antibakteriell. Bei der Wundbehandlung empfiehlt sie den Einsatz von Johanniskrautöl wie folgt: 
"Die betroffene Region wird mit dem Öl leicht einmassiert, oder das Öl wird mit einer Kompresse aufgebracht. Man lässt es mehrere Stunden einwirken. Nach acht Stunden wird der Vorgang wiederholt."5


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